„Lange Zeit wurde das Material der bildenden Kunst lediglich als Medium der Form betrachtet. … Die kunstgeschichtliche Forschung hat die Marginalisierung des Materials fortgeschrieben.“ Allerdings bleibt Monika Wagner in ihrer Anthologie des Materials fest auf dem Boden der kanonisierten Kunstgeschichte. Auch wenn das Thema „Erde“ in ihrer Publikation mit einem eigenen Kapitel gewürdigt wird, findet keramische Kunst keine Erwähnung. Vor dem Hintergrund der breiten gestalterischen und ästhetischen Palette, die die Künstlerinnen und Künstler für ihre eingereichten Werke zur Anwendung brachten, vor dem Hintergrund der Ausdrucksmöglichkeiten, die dem Material zu eigen sind bzw. sein können, und vor dem Hintergrund der vielfältigen Materialkompositionen, derer sich mittlerweile völlig selbstverständlich auch in diesem Feld der Kunst bedient wird, scheint diese Ausgrenzung befremdlich. Von ausschließlich aus Ton gestalteten Werken bis zu intensivem Materialmix, von gegenständlich bis abstrakt, von durch Analyse geprägt bis dem Zufall überlassen, von archaisch bis clean – die eingereichten, in der Ausstellung präsentierten Arbeiten könnten vielfältiger nicht sein. Selbst Installationen und Performances sind unter Hinzuziehung des Materials Ton möglich und führen deutlich vor Augen, dass das archaische Material längst (wenn auch nur selten seitens der Kunsthistoriker-Community goutiert) den Schritt hinüber zur bildenden Kunst gemacht hat. So versteht sich dieser Preis und die damit verbundene Ausstellung auch als ein Beitrag dazu, der Keramik jenseits dieser Gemeinschaft zu einer Wahrnehmung als gleichwertigem bildnerischen Ausdrucksmittel zu verhelfen.
– Prof. Dr. Chris Gerbing, Freie Kuratorin/Honorarprofessorin am KIT